Was sind die empfehlenswertesten Kinderbücher? [Podcast]

Und was kann ich tun, wenn mein Kind ein Lesemuffel ist? Diese und mehr Fragen klären wir im „Dad’s Talk“ mit Lukas Heymann von „Stiftung Lesen“.

Es fängt mit Lesen an. Das Motto der „Stiftung Lesen“ könnte treffender nicht sein. Denn Lesen ist unbestritten die zentrale Grundvoraussetzung dafür, dass das spätere Leben erfolgreich gestaltet werden kann. Das bestätigen auch die Vorlesestudien, die „Stiftung Lesen“ jährlich durchführt.

Kindern, die gut lesen können, wurde in der frühen Kindheit vorgelesen. Kindern, die gerne in die Schule gehen und denen die Schule leicht fällt, wurde ebenfalls vorgelesen. Da gibt es einen Zusammenhang, der nicht zu unterschätzen ist.
Lukas Heymann
Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Stiftung Lesen

Doch wie kann man das Lesen fördern? Welche Kinderbücher sind dafür besonders geeignet? Und was kann ich tun, wenn mein Kind ein Lesemuffel ist? Diese und viele weitere Fragen klären wir mit Heymann in unserem Podcast „Dad’s Talk“.

Dad’s Life im Gespräch mit Lukas Heymann von „Stiftung Lesen“

Hier könnt ihr die gesamte Folge mit Lukas Heymann anhören:

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Warum ist das Lesen für Kinder so wichtig?

Lukas Heymann: Das liegt daran, dass dich das Lesen dein Leben lang begleiten wird. Die Fähigkeiten des Lesens werden im Alltag fast überall benötigt. Beim Fahren des Busses muss man den Fahrplan lesen können; beim Kochen muss man das Rezept lesen können; im Job muss man lesen können – das gilt für beinahe alle Berufsgruppen. Man kommt am Lesen eigentlich nicht vorbei. Deshalb ist es ziemlich wichtig, dass Kinder es gut lernen und ihre Lesekompetenz weiter ausbauen. Eltern sollten darum schon früh beginnen, ihre Kinder mit dem Lesen vertraut zu machen.

Wie begeistert man Kinder für das Lesen?

Heymann: Ganz wichtig ist einfach das Vorlesen. Und schon sehr früh damit zu beginnen. Das ist auch unsere Empfehlung von der „Stiftung Lesen“. Am besten fängt man schon in den ersten Lebensmonaten damit an. Stichwort Lese-Sozialisation. Man sollte ein Umfeld schaffen, indem Kinder mit Geschichten, Texten und Büchern aufwachsen. Sie müssen sehen, dass das normal ist und Lesen zum Leben dazugehört. Das zeigen auch Studien, die wir zur Lesekompetenz durchgeführt haben. Kindern, die gut lesen können, wurde in der frühen Kindheit vorgelesen. Kindern, die gerne in die Schule gehen und denen die Schule leicht fällt, wurde ebenfalls vorgelesen. Da gibt es einen Zusammenhang, der nicht zu unterschätzen ist.

Welche Rolle spielt die Digitalisierung?

Heymann: Durch die Digitalisierung lesen wir mehr als vorher. Und zwar durch alle Gesellschaftsschichten durch. Texte sind heutzutage überall und unmittelbar verfügbar – und sei es mittels WhatsApp- oder SMS-Nachrichten. Auch auf Social Media funktionieren Posts mit ausführlichen Bildbeschreibungen sehr gut. Also aus meiner Sicht trägt die Digitalisierung zu mehr Lesestoff bei. Trotzdem denke ich, dass es nie so sein wird, dass das eine das andere ablöst. Lese-Apps zum Vorlesen sind zwar eine tolle Ergänzung, aber für die meisten Eltern gehört die Bettkante nach wie vor ein Buch und nicht ein elektronisches Gerät. Für Reisen kann ein solches Gerät aber sehr praktisch sein, weil man keinen Koffer voller Bücher mitschleppen muss, sondern sehr viel Inhalt auf ein kleines Gerät passt.

Welche Aufgabe hat die „Stiftung Lesen“?

Heymann: Die „Stiftung Lesen“ ist die vermutlich größte Leseförderorganisation in Deutschland. Wir sind seit 1985 aktiv und bringen Lesen in den Alltag bzw. Haushalte. Wir schaffen ein Bewusstsein, dass Lesen nach wie vor wichtig ist. Die „Stiftung Lesen“ will mit vielfältigen Aktionen und Projekten zeigen, wie wichtig das Lesen ist. Unser Fokus liegt dabei auf Kindern und Jugendlichen bzw. auf den Eltern. Denn wir wissen aus Studien, dass ein Drittel der Eltern zu selten bis nie vorliest. Und genau um dieses Drittel geht es. Diese Eltern zu überzeugen und zu gewinnen. Es ist nicht so leicht, weil vielfältige Faktoren zusammenkommen, die sie bislang davon abgehalten haben. Manche sagen „Das haben andere schon gemacht“, also Kita und Grundschulen. Andere wiederum sagen, dass sie selbst nicht so gut lesen können oder es ihnen keinen Spaß macht.

Wie oft sollte man seinem Kind vorlesen?

Heymann: Wer seinem Kind mehrmals täglich, täglich oder zumindest mehrmals in der Woche vorliest, liegt unserer Einstufung nach bei einem guten Maße. Es gibt dazu auch Studien, die zeigen, dass Kinder, deren Eltern wenig oder selten vorgelesen haben, später Nachteile haben. Sie tun sich beispielsweise mit den Hausaufgaben schwerer.

Ab welchem Alter ist es sinnvoll, mit Babys Bücher anzuschauen?

Heymann: Es gibt da kein richtiges oder falsches Einstiegsalter und hängt auch vom Kind ab. Anbieten kann man es im Prinzip, sobald das Kind halbwegs sicher am Schoß liegen bzw. sitzen kann. Ab vier, fünf Monaten kann man schon mit dem „Vorlesen“ beginnen. Je früher Eltern mit dem Vorlesen anfangen, desto tiefer verankert es sich im Alltag. Man schafft früh ein Ritual, das man später nicht mehr so leicht abschaffen kann. Auf dem Markt gibt es wahnsinnig vielfältige Bücher – da ist das Buch ja oftmals gar kein richtiges Buch, sondern ein Kuschelspielzeug, mit dem sich das Kind beschäftigen kann.

Wie sollte ein Text in einem Kinderbuch aufgebaut sein, damit ihn ein Kind gerne lässt?

Heymann: Ein gutes Kinderbuch muss dem Kind erstmal vom Thema gefallen. Das ist wichtiger als beispielsweise die Anzahl der Wörter. Kein Elternteil zählt da nach. Außerdem muss man sich von der Altersempfehlung auf die Verlage verlassen. Es gibt natürlich auch dreijährige Kinder, denen man Bücher ab fünf Jahren vorlesen kann. Umgekehrt wiederum gibt es sechsjährige Kinder, die lieber Bücher für Vierjährige lesen, weil ihnen die anderen Bücher zu gruselig sind. Man muss einfach auf sein Kind zugehen und ausprobieren. Durch das Büchereiwesen ist es total einfach, dass man neue Bücher und Themen probiert. Grundsätzlich kann man sagen, dass Bücher für Kleinere in der Regel weniger Text und weniger komplexe Geschichten beinhalten. Je größer die Kinder werden, desto komplexer werden die Bücher.

Wie erkennt man ein minderwertiges Kinderbuch?

Heymann: Aus Sicht der Leseförderung ist jedes Buch, das vorgelesen wird, ein gutes Buch. Natürlich gibt es auf dem Markt Bücher, die mit weniger Liebe oder Budget erstellt wurden. Aber das ist total okay und gibt es beim Spielzeug auch. Auch bei Autos gibt es bessere und schlechtere und trotzdem fahren auch die nicht so hochwertig produzierten. Ein Buch hat die Aufgabe, zu unterhalten und Spaß zu machen. Da ist es unerheblich von welchem Verlag oder Autor es ist bzw. welche Figur darin vorkommt.

Wie wichtig ist die Verarbeitung eines Kinderbuches?

Heymann: Für die Haltbarkeit ist es vielleicht entscheidend, wenn etwas hochwertigere Materialien verwendet wurden. Aber wenn Kinder in ein Buch reinbeißen, gibt es nach, weil es Pappe ist. Ob das ein Buch für 19 Euro oder 4 Euro ist, spielt dann keine Rolle. Letztlich kommt es auf den Inhalt an.

Welche Bücher sind für 1- bis 2-jährige Kinder zu empfehlen?

Heymann: Wer auf der Suche nach Büchern oder Apps ist, der sollte einfach mal auf die Website von „Stiftung Lesen“ gehen. Dort gibt es einen Bereich Lese- und Medienempfehlungen, dort kann man nach Alter und Kategorie sämtliche Bücher rausfiltern. Wenn ich jetzt Tipps gebe oder Autoren lobe, dann ist es letztendlich mein persönlicher Geschmack bzw. Bücher, die bei uns in der Familie gut funktioniert haben.

Ein Kinderbuch-Klassiker ist sicher „Die kleine Raupe Nimmersatt“, der seit vielen Jahrzehnten auf dem Markt ist und eine sehr einfache, aber schöne Geschichte hat. Es gibt auch eine echt gelungene App dazu, wer das Buch und Digitales verbinden will. Wir haben all unseren Kindern in dem Alter das Buch „Ich bin die kleine Katze“ vorgelesen – das ist zwar schon sehr alt, macht den Kindern aber immer noch viel Spaß. Ansonsten kann ich auch noch „Ene, mene, Eierkuchen“ empfehlen. Ich fand es sehr lustig, auch weil es gut gereimt ist. Gereimte Bücher funktionieren aus meiner Erfahrung bei Kindern sowieso sehr gut, weil sie relativ schnell das Satzende mitsprechen können.

Welche Bücher sind für 3-jährige Kinder zu empfehlen?

Heymann: Im Kindergarten- bis Vorschul-Alter wird der Markt richtig groß. Da muss man einfach gucken, was es gibt. Wir lesen zurzeit Dr. Brumm und haben viel Spaß daran, weil Dr. Brumm ein tollpatschiger Bär ist, bei dem so ziemlich alles schief geht. Ab 3 Jahren kann man auch anfangen, richtig komplexe Wimmelbücher anzuschauen. Wir haben zum Beispiel ein Wimmelbuch namens „Was machen die da?“, wo es um Berufe geht. Das finde ich echt gelungen, weil es auch alte Rollenbilder aufbricht. Zum Beispiel gibt es in dem Buch eine Feuerwehrfrau. Es ist wichtig, dass im Leben nicht immer alles nach Klischee verlaufen muss, sondern jeder alles machen kann.

Welche Bücher sind für 4- bis 5-jährige Kinder zu empfehlen?

Heymann: Bei uns daheim ist die Reihe „Die drei Muskeltiere“, das ist eine Geschichte von Mäuse und Ratten, die Kontakt aufnehmen und Abenteuer erleben. Da sind auch noch viele Bilder dabei und kann man 5-Jährigen gut vorlesen. Es eignet sich aber auch für das Grundschulalter. Klassiker für dieses Alter sind sicher auch Bücher von Astrid Lindgren, die man gut vorlesen kann und immer noch Spaß machen. Pippi Langstrumpf, Kinder aus Bullerbü oder Michel aus Lönneberga zum Beispiel.

Die „Schule der magischen Tiere“ von Margit Auer ist auch eine Buchreihe, die sehr gut ankommt. Da geht es um eine Schulklasse, wo jeder ein magisches Tier bekommt, mit dem er Abenteuer erlebt. Auch empfehlenswert ist die „Gregs Tagebuch“-Reihe, die vor allem bei Jungs sehr gut funktioniert, weil es so Comic-Roman-mäßig daherkommt. Also viel Bilder, wenig Text bzw. ergänzen die Bilder den Text. „Die drei Fragezeichen“ bzw. für jüngere Kinder „Die drei Fragezeichen Kids“ gehen auch immer.

Welche Erstlesebücher sind empfehlenswert?

Heymann: Da gibt es von vielen Verlagen spezielle Erstlesebücher, die ich auch empfehlen würde. Das sind meist kleine Geschichten mit großgedruckten Buchstaben. Im Segment der Erstlesebücher wird tatsächlich darauf geachtet, dass die Zeilen nicht zu lang sind; dass nicht zu viele Wörter pro Zeilen stehen; dass Wörter nicht getrennt werden, sondern dass der Zeilenumbruch passt. Erstlesebücher, die so deklariert sind, kann man ohne Bedenken kaufen. Da könnte ich keinen konkreten Titel empfehlen. Wichtig ist nur, dass die Eltern mit dem Vorlesen nicht aufhören, wenn die Kinder in die Schule kommen. Man sollte auch Grundschulkindern weiter vorlesen.

Welche Verlage sind bei Kinderbüchern besonders empfehlenswert?

Heymann: Da gibt es ganz viele. Ich will jetzt gar keine Reihung machen, sondern nenne einfach mal exemplarisch Verlage, die es gut machen. Zum Beispiel Carlsen, Oetinger, Ravensburger, der Moritz-Verlag usw. Ich könnte diese Liste noch weiter fortsetzen.


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