Welche Kinderfahrräder sind wirklich empfehlenswert? [Podcast]

Und sind die teils hohen Preise gerechtfertigt? Diese und mehr Fragen klären wir im „Dad’s Talk“ mit velomotion-Geschäftsführer Marcus Degen.

Wenn es um Kinderfahrräder geht, scheiden sich oft die Geister: Lieber ein günstiges Einsteiger-Modell nehmen, da die Kinder ohnehin schnell wachsen und somit beinahe jedes Jahr ein neues Rad brauchen? Oder gleich ein Markenprodukt anschaffen, damit die Kleinen von Beginn an auf qualitativ hochwertigen Geräten das Radfahren lernen? Unser Experte Marcus Degen von velomotion hat da eine klare Meinung:

Ich würde immer empfehlen, auf das Markenprodukt zu setzen. Denn neben der hohen Qualität ist der Wiederverkaufswert ein wichtiger Faktor. woom ist da das beste Beispiel. woom hat inzwischen ellenlange Wartelisten. Wenn du dein woom heute bestellst, bekommst du es mit Glück vielleicht in diesem Jahr noch. Deswegen kann man es gebraucht super verkaufen. Wahrscheinlich zum fast gleichen Preis wie bei der Anschaffung – du zahlst also kaum drauf und bekommst ein hochwertiges Produkt.
Dipl.-Ing. Marcus Degen
Fahrradexperte und Geschäftsführer von velomotion

In unserem Podcast „Dad’s Talk“ verrät Degen, worauf man beim Kauf eines Kinderfahrrads achten muss und was er von E-Bikes für Kinder hält. Außerdem gibt er einige persönliche Empfehlungen ab und sagt welche Räder derzeit im Trend sind.

Dad’s Life im Gespräch mit velomotion-Geschäftsführer Marcus Degen

Hier könnt ihr die gesamte Folge mit Marcus Degen anhören:

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Stimmt deiner Meinung nach das Preis-Leistungs-Verhältnis bei hochpreisigen Kinderfahrrad-Marken wie woom oder Early Rider?

Marcus Degen: Ja, ich würde schon sagen, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis passt, vor allem wenn wir von Marken wie woom oder Early Rider sprechen. Puky macht ebenfalls gute Kinderfahrräder, auch wenn das Image etwas angestaubt ist. Aber sie versuchen mit ihrer Zweitmarke Eightshot auf die sportive Schiene zu setzen. Man darf beim Preis-Leistungs-Verhältnis auch eines nicht vergessen: Wenn das 20- oder 24-Zoll-Mountainbike für Kinder hochwertig ausgestattet ist, warum sollte es dann billiger als ein Erwachsenen-Rad sein? Die Komponenten sind oft die gleichen. Und die kosten ähnlich viel wie bei einem Erwachsenen-Rad.

Welches Beispiel gibt es für so hochwertig ausgestattete Kinder-Mountainbikes?

Die Marke Bulls hat eine neue Mountainbike-Kollektion herausgebracht – von 16 bis 26 Zoll. Das Tokee Ultra Lite, das sind Kinder-Mountainbikes mit Carbon-Rahmen, kostet in der 24-Zoll-Fassung um die 900 Euro. Das ist aber von der Ausstattung absolut vergleichbar mit einem Erwachsenen Hard Tail. Es hat eine Luftfedergabel, eine Shimano Deore-Schaltung und einen Carbon-Rahmen. So eine Ausstattung kriegst du im Erwachsenen-Bereich für das Geld eigentlich nicht. Deshalb finde ich es bemerkenswert, dass es solche Räder für 900 Euro überhaupt gibt.

Muss es aber tatsächlich ein 900-Euro-Rad für Kinder sein?

Ich verstehe, dass die Eltern Hemmungen haben und sich fragen: Kauf ich meinem Kind wirklich ein Rad für 900 Euro, das ihm in zwei Jahren nicht mehr passt? Da würde ich aber immer empfehlen, auf das Markenprodukt zu setzen. Denn neben der hohen Qualität ist der Wiederverkaufswert ein wichtiger Faktor. woom ist da das beste Beispiel. woom hat inzwischen ellenlange Wartelisten. Wenn du dein woom heute bestellst, bekommst du es mit Glück vielleicht in diesem Jahr noch. Deswegen kann man es gebraucht super verkaufen. Wahrscheinlich zum fast gleichen Preis wie bei der Anschaffung – du zahlst also kaum drauf und bekommst ein hochwertiges Produkt.

Lernen Kinder mit hochwertigen Rädern das Radfahren leichter?

Würde ich schon sagen. Vor allem das Gewicht ist dabei ein wichtiger Faktor. Die alten Kinderfahrräder haben ja um die 12 Kilo gewogen. woom war da ein bisschen der Vorreiter und hat das aufgebrochen. Gerade bei den Kindern zählt jedes Kilo, weil sie ja selbst nicht so schwer sind. Man stelle sich nur vor, ein Kind, das selbst nur um die 12 Kilo hat, muss ein Rad mit 12 Kilo bewegen. Wenn man sich schon richtig anstrengen muss, um das Rad überhaupt einmal hochzuheben, macht es gleich viel weniger Spaß. Als Erwachsener sitzt du ja auch lieber auf einem ultraleichten Rennrad.

Wie sehr haben Marken wie woom oder Early Rider den Markt beeinflusst?

Diese Marken haben sich die Mühe gegeben, auf jedes Detail zu achten. Da sind die Pedale in der richtigen Größe, die Lenkergriffe auf Kinderhände ergonomisch angepasst, die Bremsgriffe für Kinderhände gut erreichbar – diese Dinge waren den anderen Herstellern früher egal. Da waren Kinderfahrräder kleingeschrumpfte Erwachsenenräder.

Warum sind kaum noch Stützräder in Gebrauch?

Und das ist gut so. Gebt euren Kindern auf keinen Fall Stützräder! Am besten lernen die Kinder das Radfahren, wenn sie davor ein Laufrad hatten. Also setzt eure Kinder unbedingt auf ein Laufrad!

Was sollte ich tun, wenn mein Kind genau zwischen zwei Zollgrößen ist? Lieber das genau Passende nehmen oder schon das Nächstgrößere?

Grundsätzlich würde ich schon sagen, dass das passende Rad das bessere ist. Zu klein sollte es auf keinen Fall sein. Zu groß ist dann okay, wenn das Kind schon sehr gut Radfahren kann. Wichtig ist, dass die Füße auf den Boden langen, wenn das Rad steht und dass die Bremsen gut bedient werden können.

Wie stehst du zum Thema E-Bikes für Kinder?

Es wird auf jeden Fall sehr kontrovers diskutiert. Die vehementen Gegner sagen: Man kann doch das Kind nicht auf ein E-Bike setzen, damit versaut man es für das ganze Leben. Ich würde sagen, dass man nicht den Fehler machen darf, das Kind nur auf das E-Bike zu setzen. Und wir reden da von 7-, 8-Jährigen, die ein 24 Zoll E-Bike fahren können. Darunter gibt es ohnehin keine E-Variante. Das Alltagsrad sollte schon ohne Antrieb sein.

Wo siehst du dann den Vorteil eines E-Bikes für Kinder?

Ganz stark punktet das Kinder-E-Bike, wenn man längere Ausflüge mit der Familie machen will. Die Eltern fahren ja selbst oft ein E-Bike, während der kleine Zwerg dann vielleicht hinterher pumpen muss. Da ist die Gefahr eines Frust-Erlebnisses schon sehr groß. Spätestens am ersten Berg gibt es Tränen. Man darf aber nicht vergessen, dass ein E-Bike für Kinder von den bekannten Marken um die 2.000 Euro kostet – das kann sich nicht jeder leisten. Wenn man auf Urlaub ist, kann man sich auch oft E-Bikes für Kinder ausborgen. Im Teenager-Alter kann ein E-Bike auch als Mobilitäts-Alternative interessant sein, weil sie dadurch unabhängiger und mobiler werden.

Welche Kaufkriterien sind bei einem E-Bike-Kauf entscheidend?

Man muss ehrlich zu sich sein und sich fragen: Was will ich mit einem E-Bike machen? Viele Leute sehen das E-Bike als Status-Symbol, das heißt sie wollen ein Rad, das cool und herzeigbar ist. Oftmals wird dann ein vollgefedertes Mountainbike genommen, was meistens gar nicht benötigt wird. Das schießt über das Ziel hinaus. Es gibt mittlerweile auch eine neue, tolle Kategorie an Bikes – wir nennen es SUV-Bikes. Das sind E-Mountainbikes, die aber voll ausgestattet sind mit Schutzblech, Licht und Gepäckträger. Von der Geometrie und der Geländetauglichkeit sind sie aber wie Mountainbikes.

Mit welchem Preis muss ich rechnen, wenn ich mir ein E-Bike zulegen will?

Ich sag‘ immer: Finger weg vom Billig-E-Bike! Das soll nicht abgehoben klingen, aber ein E-Bike vom Discounter um weniger als 1.000 Euro kann nicht funktionieren. Natürlich gibt es da auch einen E-Effekt, aber die Abstriche, die man machen muss, sind schon gravierend. Wir haben ja auch teilweise Billig-E-Bikes zum Testen in der Redaktion und da erlebst du oft dramatische Sicherheitsmängel. Wir hatten kürzlich ein günstiges Hard Tail mit Heckantrieb zum Testen bei uns und da war der Fall, dass der Motor sehr zeitverzögert angesprochen und abgeschaltet hat. Dem Rad fehlte der Drehmoment-Sensor, was ein Sicherheitsfaktor werden kann, wenn das Ding eine Sekunde nachschiebt, du aber an der roten Ampel halten musst.

Was ist da ein guter Richtwert für die Reichweite eines Kinder E-Bikes?

Das hängt von so vielen Faktoren ab. Mit welcher Unterstützungsstufe fährst du? Wie schwer bist du? Wo fährst du? Fährst du bergauf und bergab oder nur gemütlich am Fluss entlang? Nimmt man beispielsweise einen 625 Wattstunden-Akku statt eines 400 Wattstunden-Akkus, dann ist dein Rad gleich mal um rund 400 Euro teurer. Deshalb sollte man sich immer vorher gut überlegen, welchen Einsatzbereich man mit dem E-Bike fahren möchte.


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